Wie alles begann ..

Es war der 9.10.2008. Eine ganz normale Routine CTG Untersuchung stand uns bevor, da Raphael schon 9 Tage über den Geburtstermin war.
Ewig lang war das CTG angeschlossen, bis entschlossen wurde die Geburt einzuleiten. Alles ging sehr schnell, uns wurde nicht einmal gesagt WIESO denn heute schon, denn eigentlich wäre erst am 10. Tag eingeleitet worden. Da die letzten Tage der Schwangerschaft aber eh schon sehr mühsam waren, hatten wir auch keine weiteren Bedenken und freuten uns auf unser Baby!

Anders als geplant dauerte die Geburt schlussendlich 34 Stunden, insgesamt wurde 4x eingeleitet und es war alles andere als eine schöne Geburt.

Aber das war nebensächlich, denn wir hatten endlich unseren lang ersehnten Goldschatz im Arm.

Alles schien perfekt, Raphael und Mama waren wohlauf. Die Tage im KH waren sehr mühsam, die Betreuung war leider nicht optimal und so entschieden wir uns am Tag 3 das KH zu verlassen.

In unserem kleinen zu Hause war alles perfekt, die Nächte waren toll, Raphael hat nur 1x Nachts sein Flascherl getrunken und sofort weitergeschlafen, alles funktionierte als hätten wir nie etwas anderes getan.
Mitte Oktober sind wir dann in unsere neue große Wohnung gezogen. Hat alles super funktioniert.

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Doch dann begonnen diese "Krämpfe" - Bauchkrämpfe wie wir dachten. Garnicht so unüblich für einen Burschen, denn die 3-Monats Koliken sind ja sehr bekannt und plagen viele Babys.
Es war für uns eindeutig, jedoch wurden diese Krämpfe immer stärker und wir haben begonnen uns Sorgen zu machen. Wir fragten unsere Mütter und Tanten um Hilfe, ob sie denn wüssten was Raphael da macht?
Ziemlich ratlos waren wir, und fuhren sicherheitshalber am 4. November spät Abends ins Wilhelminenspital.

Dort angekommen wurde Raphael durchgecheckt, und wir wurden "sicherheitshalber" Stationär in Glanzing aufgenommen. Damit hatten wir wohl nicht gerechnet, aber was wird wohl los sein? Er bekommt evtl. ein Mittel gegen Bauchschmerzen und nach ein paar Tagen gehen wir bestimmt wieder nach Hause..

Hofften wir! Dem war nicht so. Untersuchungen liefen auf Hochtouren, Blutabnahmen, EEG, Magnetresonanz, Kopfultraschall, Bauchultraschall, EKG ,.. alles haben wir gemacht.
Der Oberarzt in Glanzing hat uns bestätigt, dass Raphael an Epilepsie leidet, und wir nun Medikamentös behandeln müssen. Wow, das war ein Schock.. Epilepsie? Raphael? ich kannte das bisher nur aus dem TV ..

Wieder liefen Untersuchungen auf Hochtouren, um keine Krankheit zu übersehen. Denn eine Gehirnblutung wurde auch vermutet, sowie ein Tumor (ja die Ärzte waren bisschen verwirrt..). Konnte aber zum Glück ausgeschlossen werden.

Tage vergingen und schlussendlich durften wir nach 2 Wochen nach Hause, Raphael war mit Tegretol anfallsfrei!

Zu Hause angekommen, bemerkten wir aufeinmal wieder diese Krämpfe. Wir riefen im KH an, die sagten uns wir sollen nochmal reinkommen, falls es schlimmer wird. Gesagt - Getan. Am 17.11.2008 (übrigens unser 3. Jahrestag gewesen), fuhren wir wieder ins Spital. Diesmal wurden wir in einem Mini-Pavillion aufgenommen, und uns wurde gesagt es sei normal. Somit gingen wir am nächsten Tag wieder nach Hause, mit Krämpfen.. Untersuchungen wurden keine gemacht. Wir waren eher skeptisch, dachten aber der Arzt wird wohl wissen was er tut.

Eine Zeit lang haben wir uns das dann angesehen, und gemeint "Stopp, so kanns nicht weitergehen", und sind Anfang Dezember wieder ins WSP gefahren. Dort wieder aufgenommen, eine Untersuchung nach der anderen, meinten sie, sie könnten für uns nichts mehr tun, sie kennen sich nicht mehr aus und wollen uns ins AKH mit der Rettung bringen, wir müssen nur mehr auf ein freies Bett warten und dann kanns los gehen.
Wir verbrachten noch ein paar Tage im WSP, als endlich die Nachricht kam wir fahren jetzt sofort ins AKH.
Mit der Rettung wurden wir dann hingebracht (scheußliches Gefühl) und sofort aufgenommen. Raphael wurde durchgescheckt und am nächsten Tag hatten wir wieder eine Magnetresonanz und anschließend ein langzeit EEG.

Die Diagnose war nicht berrauschend, Raphael hatte enorm viele Anfälle.
Schließlich habten wir am 24.12.2008 mit der ACTH Kortison (Spritz) Kur begonnen.
Man, das war vielleicht schlimm, zu sehen wie sein Kind jeden Tag gespritzt wird..

Raphael wurde dicker und dicker, bekam wahnsinnige Akne im Gesicht, wurde dann jedoch nach der 2ten Erhöhung Anfallsfrei.
Toll, dachten wir, und wurden im Jänner nach Hause entlassen.

Soweit so gut. Der Winter war kalt, und Raphael wurde krank. Ab ins AKH, sofort wieder aufgenommen da der Entzündungswert jeglichen Rahmen übersprungen hat.
Und wieder liefen Untersuchungen, eine nach der anderen. Antibiotika wurden intravenös angeschlossen, EKG wurde angehängt, usw. Die Ärzte waren ratlos, da kein Antibiotika angeschlagen hat.
Nach 2 Tagen meinte ein Arzt, die könnten nicht ausschließen dass Raphael LEUKÄMIE hätte.

WAS???? Wieso das aufeinmal? Woran haben sie das erkannt?

Wir waren perplex.. nun ja, ich dachte okay, warten wir erstmal ab.
Tage vergingen, und endlich wussten sie dass er "Nur" eine Lungenentzündung hatte, diese aber sehr hartnäckig ist, und der Verdacht auf eine "Aspirations-Pneumonie" besteht. Das heißt, Raphael hat immer wieder Milch in die Lunge bekommen. Flascherlnahrung wurde eingestellt, ab jetzt gabs künstliche Ernährung.

Tage vergingen, Wochen, Monate ..
immer wieder aspirierte er ind ie Lunge, da immer wieder versucht wurde oral zu füttern.

Dann kam unser "Helfer in Not" - Chirurg Dr. Benkö. Ein Traum von Arzt, ich sags euch.
Dieser stellt fest dass Raphael tatsächlich immer wieder die Milch aspirierte, und deshalb dringendst eine OP nötig wäre. Es soll eine Manschette um seinen Magen gelegt werden und festgezogen, sodass von unten nichts mehr hoch kommen kann (auch kein erbrechen mehr möglich). Im Zuge dessen soll er auch eine Magen Sonde bekommen, um ihn die erste Zeit genügend ernähren zu können, damit wir endlich mal nach Hause gehen dürfen. (mal ein Arzt der mitdenkt, immerhin waren wir schon Monatelang im Spital..)

Also schön. Der geplante OP Termin war Anfang April. Sehr nervös aber dennoch "glücklich" bald alles hinter uns zu haben, brachten wir Raphael noch in den OP. Wir verabschiedeten uns, gaben ihm ein dickes Bussi und sagten ihm dass wir ganz fest an ihn denken und in 2 Stunden sehen wir uns wieder!

Wir wurden daweil spazieren geschickt, es war ein wunderschöner sonniger Tag.
Es war knapp 11 Uhr, wir machten uns also auf den Weg auf die Intensiv Station um unseren Schatz zu sehen. Auf dem Weg dorthin haben wir noch bei einem "Kinder Krebs Stand" einen Bär gekauft, das Geld ging an die St. Anna Kinderkrebs Forschung. "Sehr gut" dachte ich, heut hab ich mal wieder was gutes getan.
Also stiegen wir mit dem Bären in der Hand, der natürlich für Raphael war, in den Aufzug.

Im Zimmer angekommen bei Raphael, sahen wir ihn da liegen, So hilflos, versteckt unter 1000 Kabeln, angehängt an endlosen Medikamenten, im Mund und in der Nase einen dicken Schlauch, am Kopf den Pulsmesser, am Fuß einen Pulsmesser, am ganzen Körper klebten die EKG Pickerl.

Schrecklich dieser Anblick.. Er schlief so tief und fest, wir sagten noch "er ist so erschöpft von der OP".
Bis ein Ärzteteam von geschätzten 5-8 Leuten vor uns stand.
Der diensthabende Oberarzt teilte uns mit, dass Raphael reanimiert werden musste, da er die Narkose nicht vertragen hat, und somit keine OP durchgeführt werden konnte..

Das war ein Schlag mitten ins Gesicht, der Boden unter meinen Füßen war weg, ich dachte ich Fall in ein tiefes Loch und komm hier nie wieder rauß.
MEIN Kind reanimiert? Wieso? Warum? Wie und Wo?

Raphael war knapp 3 Wochen im Tiefschlaf auf der Intensivstation. Das war eine verdammt harte Zeit, denn wir durften ihn nur Nachmittags besuchen. Jede Nacht war der pure Horro zu Hause, ohne seinem Baby zu schlafen. Zu wissen er liegt da, so klein, so hilflos, er war doch erst 6 Monate alt..

Die Visiten im Spital waren alles andere als toll, jeden Tag sagten sie uns der Zustand wäre nicht optimal, er kann nicht alleine Atmen, er schafft es ohne Geräte nicht.

Eines Tages ging es Raphael ganz Ok, sein Zustand war gut, es wurde beschlossen zu Operieren. Diesmal funktionierte alles tadellos, die Manschette wurde gelegt und die Peg Sonde.

Raphael hat gespürt dass wir da waren. Er wollte jedesmal wenn er uns hörte und spürte aus dem Tiefschlaf erwachen. Hat begonnen leicht zu lächeln und sich zu bewegen, doch das durfte er nicht, sobald er das tat begann alles zu alarmieren und er wurde wieder medikamentös "beruhigt".

Wieder einmal zu Hause, ein schöner sonniger Vormittag. Ich versuchte mich abzulenken, machte den Haushalt,..
Läutet mein Handy. Mit dem Personal der Intensivstation war vereinbart, dass sie uns nur anrufen wenn Raphaels Zustand sich verschlechtern würde.
Ich schaue auf mein Handy und es erschien die Nummer der Intensiv Station..

"NEIN" dachte ich .. ich wollte nicht abheben, hatte Tränen in den Augen .. es war wie in einem Horror Film.

Schlussendlich hab ich abgehoben, mehr als ein ruhiges "Ja?" hab ich nicht rausbekommen.
Auf der anderen Leitung eine Dame, sehr glücklich und aufbrausend:" Ja Guten Tag Frau Kreuzer, ich wollte Ihnen nut mitteilen dass Raphael bereits putzmunter ist und wir ihn jetzt auf die normale Kinderstation bringen, ihm gehts super gut!"

Wie bitte? Wie das denn jetzt aufeinmal? Gestern wurde uns noch gesagt er wäre noch länger im Tiefschlaf, da es mit der Atmung ganz und garnicht klappt, und jetzt soll alles ok sein?

Schnell packte ich meine sieben Zwetschken und war in Rekordzeit bei Raphael im Spital.
Im Zimmer angekommen hat Raphael lächelnd auf mich gewartet.
Er war überhaupt nicht schlapp, gut gelaunt als wäre nie etwas gewesen.
Ich bin aus dem staunen nicht mehr rausgekommen .. alles war wieder "gut".

Wir waren noch einige Zeit für die Medikamenteneinstellung im Spital, wurden dann Ende Mai 2009 endlich entlassen.
Jetzt ging es bergauf, jetzt kann alles nur mehr besser werden!

Bis ende des Jahres waren wir noch im AKH in Behandlung, wechselten im Jänner 2010 ins KH Mödling, da einfach vieles nicht passte und wir und nicht gut aufgehoben gefühlt haben.

Seit Anfang diesen Jahres geht es Raphael gut wie noch nie, er beginnt sich zu entwickeln, und das wichtigste: Er hat wieder Freude am Leben! Er kann endlich wieder Lachen (hatte er verlernt) und ist das glücklichste Kind. Einfach nur Toll!



(ich habe viele Details ausgelassen, viele Narkosen und andere OP's, Untersuchungen etc hab ich nicht beschrieben, sonst würde ich wohl noch Stundenlang an diesem Text schreiben)